M2: Lasst die syrische Diaspora nicht im Stich!- Keine Abschiebungen nach Syrien

Der 8. Dezember 2024 ist ein Tag, den die meisten von uns nicht so schnell
wieder vergessen werden. An diesem Tag wurde das scheinbar unmögliche möglich.
Die Träume und Gebete von unzähligen Syrer*innen wurden endlich wahr. Das Assad-
Regime war gefallen. Aber nicht nur in Syrien wurde an diesem Tag gefeiert. Auch
in den Straßen jeder größeren deutschen Stadt wehten die grün, weiß schwarzen
Fahnen mit den drei roten Sternen in der Mitte, die Fahnen der syrischen
Revolution, die Fahnen des neuen Syriens. Das syrische Volk war endlich frei von
einem Regime, welches es jahrelang bombardiert, gefoltert, eingesperrt und
umgebracht hatte.

Der 8. Dezember 2024 markiert einen historischen Wendepunkt: Das autoritäre
Assad-Regime wurde gestürzt - ein Ereignis, das für Millionen Syrer*innen
weltweit ein Symbol der Hoffnung und des Aufbruchs ist. In zahlreichen deutschen
Städten wehten die grün-weiß-schwarzen Fahnen mit den drei roten Sternen - ein
Zeichen für die syrische Revolution und eines neuen, freien Syriens. Nach Jahren
systematischer Gewalt, Bombardierungen, Folter und Unterdrückung feierte das
syrische Volk seinen ersten Tag ohne Diktatur.

Aber wie war die Reaktion aus der Deutschen Politik? Bereits am Tag darauf wurde
ganz Syrien nun als sicher erklärt und Abschiebungen in dieses Land gefordert.
Auch in den Sondierungsgesprächen einigte sich die SPD gemeinsam mit der CDU
darauf in Zukunft nach Syrien abschieben zu wollen. Ein Fehlschluss der aus
mehreren Gründen zu fatalen Konsequenzen für die syrische Diaspora in
Deutschland führen könnte.

Doch während die syrische Diaspora diesen Moment der Befreiung feierte, erklärte
die deutsche Politik Syrien bereits am nächsten Tag pauschal für sicher. Erste
Stimmen forderten Rückführungen, und bereits in den Sondierungsgesprächen
zwischen SPD und CDU wurde die Absicht deutlich, Abschiebungen nach Syrien
künftig wieder zu ermöglichen.

1. Umgang mit Minderheiten und Frauen ungeklärt

Wir sagen deutlich: Eine solche Politik ist ein folgenschwerer Irrweg. Denn die
Lage in Syrien ist nach wie vor instabil und gefährlich. Abschiebungen zum
jetzigen Zeitpunkt würden nicht nur das konkrete Menschenleben gefährden - sie
wären auch ein fatales Signal der politischen Kälte und Rücksichtslosigkeit
gegenüber der syrischen Diaspora in Deutschland.

Syrien ist ein Land in welchem extrem viele unterschiedliche Volksgruppen und
Religionen leben. Seit dem 8. Dezember kam es zu mehreren unverhältnismäßig
gewaltsamen Ausschreitungen gegen Minderheiten wie Kurden, Christen oder
Alawiten. Das Massaker vom 8. März 2025 an 1000 Zivilist*innen ist ein trauriger
Höhepunkt dieser Gewalt. Obwohl sich die syrische Übergangsregierung von diesem
Massaker distanziert hat wurde es doch von regierungsnahen Milizen der HTS und
SNA begangen. Auch handelt es sich bei der HTS um eine islamistische Gruppe und
auch Ahmed Al-Scharaa, der syrische Übergangspräsident hat eine Vergangenheit
bei Al-Qaida. Die Situation von ethnischen, religiösen, sexuellen Minderheiten
und Frauen muss weiterhin beobachtet werden bevor Abschiebungen nach Syrien
überhaupt in Erwägung gezogen werden dürfen!

1. Der Umgang mit Minderheiten und Frauen ist ungeklärt.

2. Israelische Angriffe im Süden Syriens

Syrien ist ein Land der Vielfalt - ethnisch, religiös, kulturell. Doch seit dem
8. Dezember 2024 kam es zu zahlreichen Angriffen auf Minderheiten wie
Kurd*innen, Christ*innen oder Alawit*innen. Das Massaker vom 8. März 2025, bei
dem mehr als 1.000 Zivilpersonen brutal ermordet wurden, stellt einen tragischen
Höhepunkt dar. Während sich die syrische Übergangsregierung öffentlich von dem
Massaker distanzierte, stammen die mutmaßlichen Täter aus regierungsnahen
Milizen wie der HTS und der SNA. Bei der Hayʾat Tahrir al-Sham (HTS) handelt es
sich um eine islamistische Gruppierung mit Verbindungen zu ehemaligen
terroristischen Strukturen der Al Qaida. Auch Übergangspräsident Ahmed Al-Sharaa
hatte in der Vergangenheit Verbindungen zu extremistischen Netzwerken, was
Zweifel an der demokratischen Ausrichtung der Übergangsregierung aufkommen
lässt.

Seit 1967 hat Israel die syrischen Golanhöhen annektiert. Auch während des Assad
Regimes hat Israel Stellungen in Syrien bombardiert. Seit dem Sturz des Assad-
Regimes hat sich die Lage im Süden Syriens weiter zugespitzt. Israel
intensivierte seine Angriffe auf mutmaßliche Stellungen feindlicher Gruppen und
forderte die Entmilitarisierung des Südens. Die syrische Übergangsregierung
steht unter starkem Druck. Auch diese Entwicklung muss vorsichtig begutachtet
werden, da sich hier ein neuer Konflikt entstehen kann.

Solange die Sicherheit und Gleichbehandlung von ethnischen, religiösen,
sexuellen Minderheiten und von Frauen in Syrien nicht gewährleistet ist, dürfen
Abschiebungen dorthin unter keinen Umständen in Betracht gezogen werden.

3. Wirtschaftliche Situation

2. Die fragile außenpolitische Situation Syriens

Syrien ist von 50 Jahren Assad-Regime und 13 Jahren Bürgerkrieg extrem
traumatisiert. Das Bildungssystem liegt am Boden, ganze Generationen von Kindern
konnten keine (regelmäßige) Schulbildung erhalten. Gliechzeitig leiden viele
Familien unter der Ungewissheit über das Schicksal ihrer Angehörigen, die in
Gefängnissen wie Saydnaya verschwunden sind. 90% der Syrer*innen leben unter der
Armutsgrenze. Syrien verfügt nicht über genügend Infrastruktur alle Rückkehrer
aufzunehmen. Menschen zwangsweise in so ein Land zurückzuschicken wäre absolut
verantwortungslos. Außerdem wird es vorraussichtlich erst in vier Jahren Wahlen
und eine Verfassung für Syrien geben. Abschienungen in dieses Land wären extrem
riskant.

Die internationale Sicherheitslage in Syrien bleibt komplex. Schon unter dem
Assad-Regimes war Syrien Gegenstand umfangreicher ausländischer Einflussnahme
und Spielball politischer Interessen der Region. Als einer der wichtigsten
Verbündeten Irans, der über Jahre Assad und das syrische Regime gestützt und
stabilisiert hat, war Syrien Teil des Nahost-Konflikts und der Unterstützung von
Hamas und Hisbollah. Und auch der dauerhaft fragile Waffenstillstand auf den
Golanhöhen und die Militäraktionen Israels im Süden des Landes waren prägend für
die Sicherheitslage vor Ort. Auch nach dem Machtwechsel in Damaskus bleibt es
weiterhin ungewiss. Der iranische Kampf um den Erhalt des Einflusses, die
stärkere Einmischung der Türkei und die Aufkündigung des Waffenstillstandes
durch

4. die syrische Diaspora ist ein wichtiger Teil von Deutschland!

Israel und darauf folgende Militäraktionen sowie die Forderung nach der
Demilitarisierung des Südens schaffen eine schwer vorher zusagende Dynamik und
könnten das Land außen und innenpolitisch weiter destabilisieren. Diese
Entwicklung muss genau beobachtet werden. Das Risiko eskalierender und neuer
Konflikte bleibt groß.

Menschen, die aus Syrien geflohen sind, sind vor unfassbaren Leid geflohen. Die
Grausamkeiten des Saydnaya Gefängnisses haben die ganze Welt erschüttert.
Angriffe auf die eigene Bevölkerung mit Chemie Waffen haben uns die Grausamkeit
des Assad-Regimes vor Augen geführt. Jeder Syrische Flüchting hat sich aktiv
gegen dieses System entschieden, jeder Syrische Flüchtling egal ob Kurde,
Araber, Moslem, Christ oder Druze hätte für diese Entscheidung mit seinem Leben
bezahlt. In Deutschland fanden um die 700.000 Syrerinnen Schutz aber auch eine
Perspektive. Syrer*innen haben hier Sprachkurse absolviert, Freunde gefunden,
einen Schulabschluss bekommen, Geburtstage gefeiert, sich ehrenamtlich
engagiert, Familien gegründet, Ausbildungen abgeschlossen studiert, dieses Land
aufgebat und vieles mehr. Abschiebungen würden die Menschen aus ihrem Alltag und
Leben herausreißen. Menschen, die bereits durch ihre Flucht alles riskiert haben
wären wieder auf sich alleine gestellt und verraten von einem Land, welches sie
eigentlich schützen sollte. Unser Apell an die SPD und die gesamte deutsche
Politik ist es allen Syrer*innen in Deutschland zuzuhören. Statt zu fragen wie
wir Syrer*innen am schnellsten Abschieben können sollten wir uns fragen, wie wir
sie unterstützen können Syrien zu einem Land zu machen, welches sicher für alle
ist. Diese Fragen werden Abschienungen niemals beantworten können

3. Die wirtschaftliche und soziale Lage ist dramatisch.

Syrien steht heute vor den Trümmern von fünf Jahrzehnten autoritärer Herrschaft
und mehr als einem Jahrzehnt verheerender Bürgerkriege. Das Bildungssystem ist
weitgehend zusammengebrochen, für viele Kinder ist der reguläre Schulunterricht
bis heute keine Realität. Hunderttausende Menschen gelten nach wie vor als
verschwunden - insbesondere aus Gefängnissen wie Saydnaya, deren Gräueltaten
international dokumentiert sind. Die betroffenen Familien leben in ständiger
Ungewissheit über das Schicksal ihrer Angehörigen. Mehr als 90 Prozent der
syrischen Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze. Es fehlt an
grundlegender Infrastruktur, medizinischer Versorgung, sicheren Unterkünften und
funktionierenden öffentlichen Dienstleistungen.

Eine Rückkehr nach Syrien ist weder unter humanitären noch politischen oder
rechtlichen Gesichtspunkten zumutbar oder verantwortbar. Es ist nicht nur
fahrlässig, sondern menschenverachtend, unter diesen Bedingungen
gezwungenermaßen zurückkehren zu müssen. Zudem wird es voraussichtlich erst in
vier Jahren Wahlen und eine neue Verfassung geben. Bis dahin fehlt es an
demokratischer Legitimation und Stabilität.

4. Die syrische Diaspora gehört zu Deutschland!

Hunderttausende Syrer*innen haben in Deutschland nicht nur Schutz gefunden - sie
haben sich hier ein neues Leben aufgebaut. Sie haben unsere Sprache gelernt,
Freundschaften geschlossen, Schul- und Berufsabschlüsse erworben, Familien
gegründet, studiert, gearbeitet und unsere Gesellschaft aktiv mitgestaltet. Ihre
Flucht war zugleich eine klare Absage an das Assad-Regime - eine Entscheidung,
die sie in Syrien mit dem Leben hätten bezahlen müssen.

Eine Abschiebung wäre nicht nur ein Bruch dieses Lebensweges - es wäre ein
doppelter Verrat. Ein Verrat an Menschen, die bereits alles verloren haben und
sich dennoch für ein friedliches, demokratisches Leben entschieden haben.

Die syrischen Menschen verdienen nicht nur Sicherheit - sie verdienen eine
Perspektive und unsere Unterstützung.

Unsere Forderung: